Hebelwirkung nutzen

CO2-Einsparungen lassen sich im Bildungsexport schnell durch die Verlagerung der Schulungen von Präsenz- auf Onlineformate erreichen. Dennoch muss das Thema Klimaschutz ganzheitlich angegangen werden, damit Aktivitäten ihre Wirksamkeit entfalten können. Kooperationsfähigkeit ist dafür die Schlüsselqualifikation. Lesen Sie einen Artikel zum Thema aus xPORT 1/2022.

mehrere Personen legen ihre Hände aufeinander
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Wie können wir uns als internationaler Bildungsanbieter dem Thema Klimaschutz mehr verpflichten und aktiv dazu beitragen? Im ersten Impuls lautet eine offensichtliche Antwort: Flüge reduzieren! In vorpandemischen Zeiten hieß es oft, Trainings und Partnerbesuche funktionieren nur richtig in Präsenz, und dazu jettete man eben um die Welt. Jetzt stehen mit Onlineformaten und mehr Vertrauen in regionale und lokale Partner zwei mächtige Substitute zur Verfügung, die dazu beitragen können, die Anzahl der Flüge deutlich zu reduzieren.

Seit 2020 messen wir die eingesparten Flüge und damit verbundenen CO2-Ausstöße aktiv, denn was gemessen wird, lässt sich auch messbar verändern. So haben wir 2020 allein 285 Tonnen CO2 Flugemissionen einsparen können; 2021 werden es noch einmal 20 bis 30 Prozent mehr sein. Der Wert der Einsparung im Jahr 2020 entspricht je nach Quelle dem jährlichen CO2-Pro-Kopf-Ausstoß von 24 bis 28 Deutschen. Kritiker:innen werden jetzt sagen, dass wir hier die CO2-Emissionen von Servern etc. gegenrechnen müssen, die für die Onlinetrainings und die Onlinekommunikation genutzt wurden. Das ist im Detail richtig. Entgegen oft anders lautender Meldungen kann jedoch kein Server dieser Welt so "dreckig" arbeiten, dass er auch nur annähernd die genannten Dimensionen des CO2-Ausstosses erreicht.

Der Teufel steckt im Detail

Was aber in jedem Fall richtig ist: Sobald man anfängt, den CO2-Fußabdruck zu ermitteln, kommt man sehr schnell in einen technisch und administrativ sehr aufwändigen Bereich, der für die oft als kleine und mittlere Unternehmen (KMU) agierenden Bildungsexporteure scheinbar kaum zu stemmen ist. Mein Vorschlag: Statt in zeitraubende und kostenintensive technisch-administrative Prozesse zu investieren, sollte man lieber mit Hebeln arbeiten. Schon einmal über einen Kontowechsel zu einer ethisch-nachhaltigen Bank nachgedacht? Die Hebelwirkung ist enorm und es ist obendrein extrem kosteneffizient, wenn man diese Maßnahme mit anderen Klimaschutzprogrammen vergleicht.

Hebeleffekte lassen sich beispielsweise auch mit dem verbesserten Mobilitätsverhalten der eigenen Mitarbeiter:innen, Strom und Gasversorgerwechseln und neuen Lieferantenverträgen erzielen. Dagegen sind kleinteilige Aktionen wie die Rationierung von Druckerpapier und der Verzicht auf Weihnachtsgeschenke oft erstaunlich ineffizient. Und damit sind wir auch schon bei der positiven Nachricht schlechthin: Niemand muss groß verzichten, wenn alle mit anpacken. Ist ein Hebel gefunden, kann er umgelegt werden und damit eine transformative Wirkung entfalten, die viel größer ist als die vieler Einzelaktionen. In unserem Fall könnten wir uns nach der tollen Flugemissionsreduktion zufrieden zurücklehnen, denn wir haben mehr als den Ausstoß unserer Mitarbeiter:innen kompensiert, von denen übrigens einige im globalen Süden wohnen und arbeiten und damit im Gegensatz zu uns in Deutschland zu den Niedrigemittenten zählen. Tatsächlich spornt uns das aber eher an, neue Hebel zu finden und auch deren Potenzial zu nutzen.

Kooperationsfähigkeit als Schlüsselqualifikation

Für uns ist klar: Klimaschutz ist nur im Detail ein technisches Thema und wir besitzen bereits die notwendigen Technologien, um dem Klimawandel entschlossen entgegenzutreten. Die entscheidende Schlüsselkompetenz ist hier die Kooperationsfähigkeit: Sind wir bereit, aus unseren Silos herauszukommen und das Thema gemeinsam anzugehen, um die nötigen Hebel zu aktivieren, sei es in unserem Arbeitsteam, unserer Organisation, aber auch darüber hinaus und in Gemeinschaften, in denen nicht alle die gleichen Klimaschutz-Überzeugungen teilen?

Sind wir darüber hinaus bereit, das Thema Klimaschutz nicht losgelöst vom größeren Thema Nachhaltigkeit zu verstehen, zu dem neben der Umwelt auch die Bereiche Wirtschaft und Soziales gehören? Kein wirtschaftlich angeschlagenes Unternehmen wird sich groß mit Klimaschutzthemen auseinandersetzen (können) und keine schlecht bezahlten und behandelten Mitarbeiter/-innen werden sich dem Thema öffnen (können). Mit den globalen Nachhaltigkeitszielen der UN-Agenda 2030 haben wir einen sehr gut auch lokal umsetzbaren Rahmen, mit den in Ziel 17 vorgeschlagenen Partnerschaften haben wir ein wirkmächtiges Mittel und mit der Verankerung von Kooperationsfähigkeit als Schlüsselqualifikation der Zukunft in unseren Bildungsprogrammen haben wir das nötige Werkzeug, um aktiv einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.


Fachartikel "Hebelwirkung nutzen"

Dieser Fachartikel ist dem iMOVE-Magazin xPORT, Ausgabe 1/2022, erschienen im Mai 2022, entnommen. 

  • Autor: Martin Fielko, Collective Leadership Institute (CLI)

xPORT 1/2022

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Quelle: iMOVE, Artikel aus xPORT-Magazin 1/2022