Empfehlungen zur vietnamesischen Berufsbildungsstrategie

Zum zweiten Mal beriet das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Vietnam bei der Entwicklung einer nationalen 10-Jahres-Strategie der Berufsbildung. Die in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der vietnamesischen BIBB-Partnerinstitution NIVT erarbeiteten Empfehlungen liegen jetzt vor.

Die BIBB-Empfehlungen sind das Ergebnis des Beratungsprojekts zur Entwicklung der neuen vietnamesischen Berufsbildungsstrategie 2021 bis 2030 im Rahmen der GIZ-Programmreform zur Berufsbildung (Programme Reform of TVET in Viet Nam). Das Projekt wurde von März bis Juli 2020 durchgeführt.

Eine Dokumentenanalyse und die Befragung von 59 Schlüsselakteuren des vietnamesischen Berufsbildungssystems bilden die Datengrundlage der Empfehlungen. Bedingt durch die Covid-19-Pandemie erfolgte die Befragung digital und telefonisch. Die Präsentation und Diskussion der Ergebnisse mit den vietnamesischen Partnern fand in virtuellen Workshops statt. 

Ein Kernbereich der Empfehlungen stellt die Steuerung der Berufsbildung mit den Themen rechtlicher Rahmen und Management des Berufsbildungssystems, Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Monitoring und Berichterstattung sowie Finanzierung dar. Zentrale Empfehlungen sind:

  • stärkere Einbindung des Privatsektors in die Steuerung der Berufsbildung durch einen geeigneten Koordinierungs- und Kooperationsmechanismus,
  • stärkere Orientierung an den Anforderungen des Arbeitsmarktes bei der Umsetzung dualer Ausbildung in Betrieben, 
  • Definition und Festschreibung von Funktionen und Mandaten des öffentlichen und privaten Sektors bei der Steuerung des Berufsbildungssystems und
  • Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit zur Kommunikation der Vorteile dualer Berufsbildung für Unternehmen, um eine höhere Beteiligung des Privatsektors zu erreichen.

Die Ergebnisse der Befragung machten deutlich, dass im Bereich Steuerung der Berufsbildung noch viel Verbesserungspotenzial vorhanden ist: Die Mechanismen für die Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessengruppen, insbesondere mit dem Privatsektor, sind noch immer begrenzt. Dennoch erkennen die Befragten eine generell positive Entwicklung an. Um die Koordinierungsmechanismen weiter zu verbessern, äußerten viele Stakeholder den Wunsch nach einer verstärkten Förderung von Unternehmen.

Die Haupthindernisse für Unternehmen bei der Zusammenarbeit stellten demnach komplizierte Verwaltungsverfahren, die mit der Ausbildung verbundenen Kosten und eine mangelnde Kommunikation in Bezug auf die Ausbildungsmöglichkeiten und den Nutzen von Ausbildung dar.

Die Regierung griff das Thema im Berufsbildungsgesetz und in einer Änderung des Arbeitsgesetzes ab 2019 auf, indem sie eine Definition der Berufsausbildung vorgab und die Rechte und Pflichten von Unternehmen in der kooperativen Ausbildung definierte. Es fehlen jedoch spezifische Richtlinien zur Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen und Prozesse für die Berufsausbildung.

Für den Bereich Monitoring und Berufsbildungsberichterstattung sprach das BIBB folgende Empfehlungen aus:

  • Entwicklung eines System-Monitorings in Verbindung mit systematischer Berufsbildungsforschung zur Gewährleistung einer evidenzbasierten Politikberatung,
  • Standardisierung von Datenerhebungsverfahren für alle Stakeholder (staatliche Stellen/Unternehmen/Berufsbildungsinstitute) zur Verbesserung des Monitorings und der Berufsbildungsberichterstattung und
  • Einführung eines Online-Berichtssystems, das eine regelmäßige und präzise Aktualisierung mit Primärdaten gewährleistet.

Im Bereich Monitoring und Berichterstattung zeigte sich, dass die Bedeutung zuverlässiger berufsbildungsbezogener Daten und Informationen für die eigene Entscheidungsfindung von den meisten Befragten als hoch eingeschätzt wird. Die zur Verfügung stehenden Daten werden jedoch als nicht ausreichend bewertet, da sie zu allgemein, nicht aktuell genug und von niedriger Qualität seien. Trotz der bereits vom vietnamesischen Arbeitsministerium unternommenen Anstrengungen zur Verbesserung des Berufsbildungsberichtssystems reicht der derzeitige Stand der Datenerhebung nicht aus, um eine evidenzbasierte Politikberatung zu ermöglichen.

Die Entwicklung eines konsistenten System-Monitorings in Verbindung mit systematischer Berufsbildungsforschung ist der Schlüssel für ein nachfrageorientiertes und evidenzbasiertes Berufsbildungssystem.


Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), bibb.de, 25.09.2020