Rahmenbedingungen für den Bildungsexport nach Ägypten

Architekturdetail der Alexandria-Bilbliothek im ägyptischen Alexandria
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Der Bildungsexport nach Ägypten unterliegt fachlichen, finanziellen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen.

Einen Überblick finden Sie in diesem Artikel aus der iMOVE-Marktstudie Ägypten für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung, die kürzlich erschienen ist.

Fachliche Rahmenbedingungen

Es gibt keine einheitliche Stelle in Ägypten, die für die Akkreditierung ausländischer Bildungsabschlüsse zuständig ist. Je nach Ausrichtung der Maßnahme können unterschiedliche Ministerien oder Councils für die Anerkennung zuständig sein.

Generell gilt dieser Prozess als sehr komplex und zeitaufwändig und kann nur von Anbietern durchlaufen werden, die in ihren Heimatländern offiziell als Bildungseinrichtung akkreditiert sind.

Die meisten Anbieter von beruflichen Aus- und Weiterbildungsleistungen arbeiten mit einem Parallelsystem. Sie bieten auf der einen Seite einen in Ägypten anerkannten Abschluss an und parallel dazu einen entsprechenden Abschluss des Heimatlandes.

Den Kunden oder Auftragnehmern reicht es meist aus, dass ein entsprechendes Zertifikat, welches im Zielland des Anbieters oder von internationalen Verbänden anerkannt ist, ausgestellt wird. Dies betrifft vor allem Weiterbildungsmaßnahmen, bei denen meist nur das ausländische Zertifikat gewünscht wird.

Im Jahr 2007 wurde eine Nationale Behörde für Qualitätssicherung und Akkreditierung im Bildungswesen (NAQAAE), eingerichtet. NAQAAE ist für die Akkreditierung der ägyptischen Bildungseinrichtungen (Schulen, Universitäten, Berufsschulen) zuständig und soll zur Qualitätssicherung im ägyptischen Bildungswesen beitragen.

Finanzielle Rahmenbedingungen

Die Technischen Sekundarschulen (TSS) bieten eine kostenfreie Ausbildung an. Auszubildende, die in einem der dualen Programme eine Ausbildung absolvieren, haben den Anspruch auf ein monatliches Mindestgehalt von dem Unternehmen, in dem sie ihre praktische Ausbildung machen.

Im ersten Jahr liegt das Mindestgehalt bei 120 ägyptischen Pfund (EGP), das entspricht rund 12 Euro (EUR) pro Monat. Im zweiten Jahr liegt es bei 170 EGP (circa 17 EUR) und im Dritten beträgt es 220 EGP (circa 22 EUR). Die meisten Unternehmen bezahlen jedoch mehr. Angefangen bei 300 EGP (rund 30 EUR) im ersten Jahr und bis zu 500 EGP (rund 50 EUR) im dritten Jahr.

Die Kosten für Ausbildungs- und Weiterbildungsprogramme öffentlicher und privater Anbieter unterscheiden sich sehr in Ägypten. Die Preise der privaten Anbieter sind um ein Vielfaches höher, da die öffentlichen Bildungseinrichtungen vom ägyptischen Staat unterhalten werden und oft nicht über qualifiziertes Personal und modernes Ausbildungsgerät verfügen.

Private Bildungseinrichtungen sind in der Regel besser ausgestattet und die Ausbilder verfügen über die entsprechenden Qualifikationen.

Bei Programmen, die internationale Geberländer durchführen, werden die Kosten entweder komplett übernommen oder je nach Zielgruppe wird eine anteilige Kostenübernahme gefordert.

Politische Rahmenbedingungen

Berufliche Bildung findet in Ägypten vor allem im Rahmen der einer schulischen und teils universitären Ausbildung statt. Viele Ministerien bieten spezielle Berufsbildungsprogramme an.

Beim Ministerium für Arbeit läuft zum Beispiel eine Berufsvorbereitung in Verbindung mit Alphabetisierungskursen, die sich unter anderem an 12- bis 20-jährige Schulabbrecher richtet und im Schnelldurchlauf in sieben Monaten Theorie und zwei Monaten "On-the-Job-Training" auf den Beruf vorbereiten.

Auch das Bildungsministerium hat mehrere Initiativen zur Förderung und Verbesserung der Berufsbildung in Ägypten, die bis 2017 umgesetzt werden sollen, mit folgenden Inhalten:

  • Vereinheitlichung der Ausbildungsstandards,
  • Umstrukturierung der Sekundarstufe,
  • Modernisierung von Lehr- und Lernstrategien,
  • strengere Prüfungsbedingungen,
  • bessere Betreuung von Lehrkräften,
  • Ausbau und Renovierung der Infrastruktur, darunter Gebäude und Lehrmaterial,
  • Bildungs- und Studienberatung und
  • Marketingmaßnahmen zur Verbesserung der Akzeptanz in der Bevölkerung.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Investitionen in Ägypten wurden und werden sukzessive verbessert und vereinfacht.

Ausländer können an ägyptischen Kapitalgesellschaften bis zu 100 Prozent der Gesellschaftsanteile halten. Bei Beteiligungen an Personengesellschaften ist ein ägyptischer Mehrheitsgesellschafter vorgeschrieben.

Seit dem 22.11.2009 gilt zwischen Ägypten und Deutschland ein neuer Investitionsschutz- und -fördervertrag (IFV) vom 16.6.2005. Zur Vermeidung von Doppelbesteuerung besteht das Doppelbesteuerungsabkommen vom 8.12.1987.

Unternehmensgründung

Die GmbH (Limited) ist aufgrund ihrer einfachen Gründung und Verwaltung die von ausländischen Investoren am meisten gewählte Rechtsform. Zur Gründung der Gesellschaft bedarf es wenigstens zwei und höchstens fünfzig Gesellschafter.

Ein Mindeststammkapital ist nicht vorgeschrieben. Ab einem Stammkapital von 250.000 ägyptischen Pfund (EGP), das entspricht rund 25.000 Euro (EUR), ist eine Ausschüttung von zehn Prozent des Unternehmensgewinns an die Belegschaft abzuführen. Mindestens ein Mitglied der Geschäftsführung muss ägyptischer Staatsbürger sein

Das Kapital einer Aktiengesellschaft (Joint Stock Company) kann ebenfalls ausschließlich von Ausländern gehalten werden. Das Mindestkapital beträgt für eine nicht an der Börse notierte Aktiengesellschaft 250.000 EGP, für börsennotierte 500.000 EGP, von denen mindestens 50 Prozent von den Gründern gezeichnet werden müssen. Die Geschäftsführung obliegt dem Vorstand (Board of Directors), der aus mindestens drei Mitgliedern bestehen muss.

Es besteht weiterhin die Möglichkeit der Gründung einer LLC (Limited Liability Company) auf Aktien.

In Ägypten sind weitere Gesellschaftsformen möglich. So sind eine Art Offene Handelsgesellschaft/GbR (société en nom collectif), die Kommanditgesellschaft (société en commandite simple) und die Stille Gesellschaft (société en participation) möglich. Auch eine "Einzelfirma" ist unter Umständen gestattet. Grundsätzlich sind diese Gesellschaften jedoch nur eintragungsfähig, wenn die Geschäftsführung und die Mehrheit der Anteile an der Gesellschaft bei ägyptischen Staatsbürgern liegen.

Lizenzpflicht

Weiterbildungsaktivitäten fallen in Ägypten unter eine Lizenzpflicht. Die Erlaubnis wird bei der technischen Berufsausbildung beim Arbeitsministerium beantragt. In anderen Sektoren ist das jeweilige Fachressort zuständig. Während des Antragsverfahrens ist allerdings die Geschäftsaufnahme bereits gestattet.

Immobilienerwerb

Grundsätzlich ist Ausländern der Erwerb von Grundeigentum gestattet. In der Praxis ist der Ausländer aber ebenso wie der Ägypter mit einer Reihe von Problemen konfrontiert. Das Eintragungsverfahren erfordert 24 Einzelschritte und viele Flächen unterliegen Restriktionen, die nicht unbedingt transparent sind. Eine Verbesserung wird erst mit der Einführung eines elektronisch geführten Katasters erwartet.

Arbeitsrecht

Ausländer benötigen eine Arbeitserlaubnis, um in Ägypten tätig werden zu können. Diese muss durch den Arbeitgeber beim Arbeitsministerium (Ministry of Manpower) beantragt werden und wird nach oft langwierigem Verfahren stets nur befristet erteilt. Verlängerungen sind möglich.

Arbeitsverträge bedürfen der Schriftform und sind auch bei Ausländern in arabischer Sprache zu verfassen. Projektbezogene oder befristete Arbeitsverhältnisse sind zulässig.

Das ägyptische Arbeitsrecht ist arbeitnehmerfreundlich. Die Kündigung eines Vertrages ist nur bei einem groben Fehlverhalten des Arbeitnehmers möglich. Über die Rechtmäßigkeit entscheidet ein besonderer Ausschuss, der beim Justizministerium angesiedelt ist. Eine ungerechtfertigte Kündigung berechtigt den Arbeitnehmer zum Schadensersatz. Dieser beläuft sich auf mindestens zwei Monatslöhne pro Arbeitsjahr und bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren auf drei Monatslöhne.

Devisenrecht

Das ägyptische Pfund (EGP) ist nicht frei konvertierbar. Fremdwährungskonten sind aber gestattet. Bei Transferleistungen ins Ausland wird durch die Zentralbank geprüft, ob für die Transaktion legale kommerzielle Gründe vorliegen (Vermeidung von Geldwäsche).

Beschränkungen von Bareinzahlungen und Auszahlung von Devisen für Unternehmen, die Vorprodukte und zur Versorgung der Bevölkerung kritische Waren importieren, sowie für Privatpersonen sind inzwischen aufgehoben.

Die übrigen Unternehmen dürfen weiterhin maximal 30.000 US-Dollar in bar pro Tag abheben. Bareinzahlungen auf Konten in Devisen sind auf 10.000 US-Dollar pro Tag beziehungsweise 50.000 US-Dollar pro Monat begrenzt.

Fachartikel - Rahmenbedingungen für den Bildungsexport nach Ägypten

Dieser Fachartikel ist ein Auszug aus der iMOVE-Marktstudie Ägypten (Zusammenfassung der Kapitel 3.5 bis 3.8), die Anfang 2017 vollständig überarbeitet neu erschienen ist.

  • Inhalt der Marktstudie: Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer
  • Autorinnen und Autoren der Marktstudie: Karin El-Shafei, Martina Ziebell, Azza Bilal, Dr. Rainer Herret, Yasmin Fauzy, Yasmine Bakr
Ägyptischer Baufacharbeiter bei der Arbeit
© SEAT
junger Ägypter arbeitet an einem Auto
© Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer
vier Ägypter in Arbeitskleidung
© Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer

Marktstudie Ägypten

Titelbild mit Flagge Ägypten, Text: Marktstudie Ägypten für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung
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Marktinformationen Ägypten

wehende ägyptische Flagge
Informationen zum Bildungsmarkt Ägypten: News, iMOVE-Publikationen, Veranstaltungen, Links, Kooperationsgesuche
Blick auf Hochhäuser am Nil in Kairo
Kairo, © Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer 

Quelle: iMOVE, Auszug aus iMOVE-Marktstudie Ägypten 2017, 10.04.2017