Bulgarien: Dualsystem als Waffe gegen Defizit

Arbeiter mit einer mittleren Berufsausbildung liegen dem Erfolg aller Hersteller von Autokomponenten zugrunde. Das bulgarische Bildungssystem produziert jedoch momentan keine solchen Spezialisten.

Nach Angaben der Bulgarischen Wirtschaftskammer (BSK) ist in den letzten 12 Jahren die Zahl der Schüler an den beruflichen Gymnasien um etwa 30 Prozent zurückgegangen, und die meisten von denen, die sich doch darauf richten, sind mit niedrigen Leistungen und ohne Motivation.

Wegen Mangels an Interesse und nicht erreichter Kapazität der Aufnahme werden Schulklassen und Gymnasien mit einer entwickelten materiellen Grundlage und mit bewiesenen Möglichkeiten für die Ausbildung in für die Industrie wichtigen Berufen und Qualifikationen geschlossen.

Dazu kommen noch die veralteten Lernprogramme und Lehrbücher, ein großer Lernumfang, verteilt auf wenige Stunden in den Spezialfächern, ein niedriger Anteil der praktischen Übungen, die wiederum im Vergleich zur technologischen Entwicklung in den jeweiligen Sektoren weit zurückgeblieben ist.

Die Tendenz zum "Veraltern" der Lehrer in den Berufsschulen – innerhalb von 15 Jahren ist die Zahl der Lehrer im Alter bis 34 Jahren von acht auf 23 Prozent zurückgegangen, und in den nächsten sieben bis zehn Jahren werden über 50 Prozent der Lehrer an den beruflichen Gymnasien in den Ruhestand gehen.

Ähnlich sind auch die Feststellungen des Rechnungshofs in einem vor kurzem vorgelegten Bericht über die berufliche Ausbildung und die Beschäftigung für den Zeitraum 2012-2014.

"Die Strategie für die Berufsausbildung des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft (MON) hat kein strategisches Ziel, geht nicht in einer klare Richtung und das Endergebnis für den Arbeitsmarkt ist nicht klar. MON hat keine Bedingungen für eine gute Entwicklung der beruflichen Ausbildung geschaffen", steht es im Dokument.

Normative Regelungen

Nach langen Überlegungen und vor dem Hintergrund des Niedergangs in den mittleren Fachschulen, hat der Staat endlich beschlossen, das Dualsystem in die berufliche Ausbildung einzuführen– das Modell, bei dem Schüler Kenntnisse erwerben und parallel zur theoretischen Ausbildung in der Schule, im realen Milieu der Partnerbetriebe arbeiten.

Dem neuen Gesetz über die Vorschul- und Schulbildung und der Verordnung Nummer 1 der Bildungsministerin vom 8.09.2015 zufolge, kann die Ausbildung durch Arbeit für ganze Schulklassen, Gruppen oder für einzelne Schüler der beruflichen Schulen, die das 16 Lebensjahr vollendet haben, obligatorisch in der zweiten Gymnasialetappe (11. und 12. Klasse), organisiert werden.

Die Dualausbildung erfolgt aufgrund eines Vertrags zwischen einer beruflichen Schule, einem Berufskolleg oder einem Zentrum für berufliche Ausbildung einerseits, und einem oder mehreren Arbeitgebern.

Der Arbeitgeber macht einen Vorschlag für die Aufnahme der dualen Ausbildung in der jeweiligen Bildungsstätte, nimmt an der Erarbeitung der Kriterien zur Auswahl und an der Auswahl der Schüler selbst, wie auch an den Kommissionen für die Durchführung der Prüfungen für berufliche Qualifikation teil. Er legt die Zahl der Auszubildenden fest, sichert die materielle Basis und die Finanzressourcen für die Ausbildung.

Die Partner-Firma sorgt auch für die Fortbildung der Lehrer, die die Theorie der jeweiligen Berufe, für die die Dualausbildung bestimmt ist, unterrichten. Die Firma bestimmt den Erzieher für jeden Auszubildenden. Der Erzieher soll ein Arbeiter oder Angestellter im Betrieb sein, mit beruflicher Qualifikation im Beruf, zu dem die Ausbildung durchgeführt wird, mit mindestens drei Jahren beruflicher Erfahrung, und außerdem soll dieser einen, vom Arbeitgeber organisierten Lehrgang für Erzieher durchgemacht haben. Ein Erzieher kann für maximal fünf Schüler zuständig sein.

Es ist geplant, die Stunden für berufliche Ausbildung an den Gymnasien mit jedem Jahr etappenweise zu vermehren. Die Idee ist, dass die Schüler der 11. und 12. Klasse zwei Tage in der Schule und drei an ihrem Arbeitsplatz in den Firmen verbringen. Die Ausbildung durch Arbeit ist für die Dauer von einem bis drei Jahren, in Abhängigkeit von der Stufe der beruflichen Qualifikation, die zu erwerben ist.


Quelle: Bulgarisches Wirtschaftsblatt und Südeuropäischer Report, wirtschaftsblatt-bg.com, 13.06.2016