Stark oder schwach? Der neue Blick auf Afrika

1.200 hochkarätige Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich Mitte 2016 zum regionalen Weltwirtschaftsforum in Kigali. Ihr Blick auf Afrika ist positiv trotz wirtschaftlicher Probleme.

Warum nur kommen aus Afrika zehnmal mehr schlechte Nachrichten als gute? Die Teilnehmer des Hintergrundgesprächs auf dem Weltwirtschaftsforum in Kigali Mitte Mai sind ratlos. Gibt es ein Wahrnehmungsproblem in Bezug auf Afrika, fragt jemand? Sind die Medien ungerecht?

Wenn es um das Image Afrikas in der Welt geht, werden die Diskussionen in Kigali schnell emotional. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums wollen eben nicht nur über die Schwächen, sondern auch über die Stärken Afrikas diskutieren. Der Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB), Akinwumi Adesina, sieht den Kontinent bereits auf dem Weg zur Vierten Industriellen Revolution.

Die Bank will mit einem milliardenschweren Förderprogramm für Afrika bei der Ausbildung junger Menschen helfen, damit es auch genug Programmierer und Informatiker gibt. Der Chef von McKinsey, Dominic Barton, betont, dass bereits heute 700 afrikanische Unternehmen mehr als 500 Millionen US-Dollar Umsatz erwirtschaften. "Der afrikanische Kontinent wird in wenigen Jahren zu den nach Asien am stärksten wachsenden Regionen der Welt gehören", gibt sich Barton überzeugt.

 

Ein Kontinent voller Möglichkeiten

 

Optimistisch ist auch der Gastgeber. "Afrika ist ein Kontinent mit vielen Möglichkeiten und Partnerschaften", erklärt Paul Kagame, der Präsident Ruandas zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums. Aber nur gemeinsam könne Afrika sein wirtschaftliches Potenzial entwickeln. Ruanda macht es vor mit Visa-Erleichterungen und dem Ausbau des Handels mit Nachbarländern wie Uganda, Tansania oder Kenia.

Tatsächlich werden die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit auf dem afrikanischen Kontinent aber zu wenig genutzt. "Der afrikanische Kontinent ist der am wenigsten integrierte der Welt", muss AfDB-Präsident Adesina, zugeben. "Wir müssen die Freizügigkeit fördern, damit sich Menschen ohne Beschränkungen frei bewegen können", sagt er und spricht davon, dass Afrika mehr Wissenschaftler brauche, bessere Ausbildungsmöglichkeiten und eine funktionierende Infrastruktur.
Internet für alle

Aber wo sind sie denn nun die guten Nachrichten? Sie liegen in der Energie und Kraft der vielen jungen Menschen Afrikas und im Einsatz moderner Technologien. So die Überzeugung vieler beim Forum in Kigali. "Internet for all", Internet für alle, ist ein Programm, das das Weltwirtschaftsforum zusammen mit Unternehmen initiiert hat. Ein Fokus soll auf Afrika liegen, damit auch ländlichen Regionen digitalisiert werden.

"Internet und Breitband sollten als ein Grundbedürfnis wie Wasser oder Elektrizität angesehen werden. Wir glauben, der Zugang zum Internet ist kein Privileg, kein Luxus. Sondern jeder sollte von den Möglichkeiten teilhaben, die diese technische Revolution bringt", sagt der ruandische Minister für Jugend und Technologie, Jean Philbert Nsengimana im Interview mit der Deutschen Welle (DW).

 

Mit 4G aufs Land

 

Tatsächlich gibt es fast überall in Kigali gute Internetverbindungen. Schon bald soll die Geschwindigkeit der Datenübertragung auf das Niveau des internationalen Standards 4G (Vierte Generation im Mobilfunk) gehoben werden. Auf dem Land sieht es allerdings noch anders aus. Dort sind gewaltige Investitionen nötig, die in Partnerschaft mit Unternehmen gestemmt werden sollen. Trotzdem sollen die Zugänge bezahlbar bleiben. Ruanda will zusätzlich günstige Internetcafés einrichten oder Anschlüsse subventionieren.

Welche Vorteile der Einsatz mobiler Technologien hat, ist schon heute zu beobachten. "Afrika ist führend, wenn es um das mobile Bezahlen geht. Schauen Sie sich doch nur mal Kenia an", sagt Hans Kuipers von Boston Consulting im Interview mit der DW. In Kenia zahlt mindestens jeder Zweite bereits mit dem Handy, und E- Commerce via Mobilfunk entwickelt sich rasant.

 

Der digitale Wandel

 

"Afrikas Reserven mit der digitalen Transformation zu verbinden" ist deshalb als Thema des regionalen Weltwirtschaftsforums gut gewählt. In den Augen der zahlreichen jüngeren Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigt sich regelmäßig ein Leuchten, wenn sie über die digitalen Veränderungen und Möglichkeiten diskutieren. Nicht wenige haben schon Unternehmen gegründet oder sind dabei. Das reicht von digitaler Gesundheitsberatung bis hin zu Online-Shops.

Auf dem Tagungsgelände in Kigali wurde extra ein afrikanisches Dorf aufgebaut. Innen können die Teilnehmer in virtuelle Welten eintauchen und zum Beispiel mit einem Pottwal kommunizieren. Afrikas Zukunft ist digital - der Appell ist eindeutig.

 

  • Aus Kigali: Manuela Kasper-Claridge

Quelle: Deutsche Welle - DW, dw.com, Artikel, 12.05.2016