100 Fragen und Antworten zum Russland-Geschäft

Der OWC-Verlag für Außenwirtschaft GmbH bietet in der Juli-Ausgabe von Ost-West-Contact mit "100 Fragen und Antworten zum Russland-Geschäft" zum zehnten Mal einen besonderen Schwerpunkt. Ausgewiesene Experten beantworten die wichtigsten Fragen zu 20 Themenkomplexen rund um die Geschäftstätigkeit in Russland. Lesen Sie den Beitrag zur Berufsbildung von iMOVE.

Die berufliche Aus- und Weiterbildung in Russland soll reformiert werden. Was sind die größten Herausforderungen?

Der Wandel eines gesamten Systems im flächengrößten Land der Welt ist ein langfristiger, komplexer Prozess. In Pilotregionen wurden bereits tiefgehende, nicht umkehrbare Reformschritte im Bereich der Organisation und Verwaltung unternommen. Aber es fehlt an modernen Lehrmitteln und Ausstattungen der Fachschulen und Unternehmen. Das Berufsbildungspersonal ist noch weitgehend zu gering qualifiziert, was die praktische Vermittlung von Inhalten angeht.

Es gibt bisher zwar erste Mechanismen, um die Arbeitgeber bei der Entwicklung und Modernisierung von Berufsbildungsstandards einzubeziehen, aber die Lernortkooperation von Schule und Betrieb ist bisher nicht reglementiert und bleibt unterfinanziert.

Mit welchen Maßnahmen reagiert die Russische Föderation darauf?

Mit den präsidialen Erlassen zur Reform der Bildung in den Jahren 2013 und 2014 wurde die Agentur für strategische Initiativen (ASI) beauftragt, die Dualisierung der Berufsbildung voranzutreiben.

Bisher wurden ein regionaler Investitionsstandard und duale Strukturen in der beruflichen Erstausbildung in 13 Pilotregionen eingeführt. Sieben überbetriebliche Aus- und Weiterbildungszentren und sogenannte World-Skills-Trainingszentren wurden aufgebaut. In 21 Regionen wurden regionale Standards für Verwaltung und Organisation nach deutschem Vorbild der Berufsbildung eingeführt. Ebenso wie das Online-Portal für Berufsbildungspersonal "prof-Mayak". Zudem wurde das Netzwerk "unabhängige Zentren zur Leistungsbewertung in der Berufsbildung" ausgebaut.

Die deutsche Regierung arbeitet in diesem Bereich in und mit Russland. Mit welchen Mitteln?

Bei jährlichen Treffen der deutsch-russischen Arbeitsgruppe Berufsbildung tauschen das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das russische Partnerministerium (MON) Erfahrungen aus und koordinieren die Aktivitäten der deutschen und russischen Stakeholder. GOVET, die Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungskooperation, begleitet das BMBF fachlich.

Neben der Aus- und Weiterbildung von Berufsbildungspersonal und der Weiterentwicklung des Portals "prof-Mayak" gehört auch das Thema "Wirtschaft 4.0" zu den Schwerpunkten der Zusammenarbeit.

Zudem unterstützt die deutsche Seite die Bemühungen durch Studienreisen, Experteneinsätze, Entwicklung von Informationsmaterialien und Capacity Building.

Das deutsch-russische Managerfortbildungsprogramm, finanziert vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), bereitet Führungskräfte aus der Russischen Föderation gezielt auf Geschäftsanbahnungen und Wirtschaftskooperationen mit deutschen Unternehmen vor.

Mit der Bildungsexport-Initiative iMOVE im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) unterstützt das BMBF deutsche Anbieter beruflicher Aus- und Weiterbildung bei deren Erschließung internationaler Märkte.

Das Goethe-Institut setzt heute verstärkt auf die Fachsprache Deutsch und informiert über "prof-Mayak" seine Fachschulen. Über 35.000 Schülerinnen und Schüler lernen Deutsch in den Berufsschulen.

Welche Branchen werden von der Russischen Föderation mit besonderem Nachdruck unterstützt?

In einem landesweiten Wettbewerb wurden sechs Regionen ausgewählt, in denen Leistungszentren für die berufliche Bildung entstehen sollen. Diese Zentren sollen die Bereiche WorldSkills, duale Aus- und Weiterbildung sowie Qualifizierung von Berufsbildungspersonal in zugeordneten Branchen bedienen.

WorldSkills, das bedeutet Informationstechnik (IT) und Kommunikationstechnik, Transport und Logistik, Industrie- und Ingenieurstechnologie sowie Kunst, Design und Dienstleistungen. Die Leistungszentren entstehen mit ihren jeweiligen Schwerpunkten in Moskau für den Bausektor, in Uljanowsk für Transport und Logistik, in Sverdlowsk für Schwermaschinen, Werkzeugbau und Metalltechnik, in Tjumen für Dienstleistung, Kunst und Design, in Tschuwaschien für Automatisierung, Sensoren und Elektronik, in Tatarstan für IT und Kommunikationstechnik.

Wie können deutsche Unternehmen davon profitieren und sich in der Berufsbildung beteiligen?

Im Rahmen des BMBF-Projektes "VETnet" werden ausgewählte Mitgliedsunternehmen der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) bei der Vorbereitung und Durchführung einer dualen beruflichen Ausbildung in Russland unterstützt. Das AHK-Projekt gliedert sich in die ASI-Strategie ein.

In fünf Regionen wird die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild mit Prüfung bei der AHK eingeführt. Bei den Ausbildungsprogrammen wird eine Reihe von Berufen in Kooperation mit Unternehmen eingeführt, wie Mechatroniker, Call-Center-Agent, Fleischer oder Bäcker.

 

  • Autoren:
    Hans-Gerhard Reh, iMOVE
    Dr. Hannelore Kress, GOVET

Russland - 100 Fragen und Antworten

Die Juli-Ausgabe von Ost-West-Contact enthält den Schwerpunkt "100 Fragen und Antworten zum Russland-Geschäft", unter anderem mit dem Thema berufliche Aus- und Weiterbildung.

Die Publikation können Sie beim OWC-Verlag bestellen (kostenpflichtig) oder als ePaper lesen.

Quelle: OWC-Verlag für Außenwirtschaft GmbH, Ost-West-Contact, Ausgabe 07/2016