Mitarbeiterbindung in China bleibt zentrale Aufgabe

Angesichts der nachlassenden Konjunktur in China nimmt der Druck auf Löhne und Gehälter ab. In der Folge sinkt die Bereitschaft von Arbeitnehmern, den Arbeitsplatz zu wechseln. Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden, bleibt aber weiterhin eine zentrale Aufgabe.

Arbeitnehmer legen zunehmend Wert auf geringere Arbeitszeiten und weniger Überstunden. Staatsunternehmen gewinnen in diesem Zusammenhang gegenüber Firmen mit Auslandskapital an Beliebtheit.

Beim Einstieg in den Arbeitsmarkt stehen für Berufsanfänger zunächst ein gutes Gehalt und andere Vergünstigungen ganz oben auf der Wunschliste, während Betriebsklima oder Fortbildungsmöglichkeiten eher zweitrangig sind. Diese Einstellung ändert sich jedoch mit steigendem Gehaltsniveau.

Speziell für Angestellte mit höherem Ausbildungsniveau gewinnt eine ausgeglichene Work-Life-Balance an Gewicht, so eine Untersuchung des Internetpersonalvermittlers zhaopin.com mit dem Institute of Social Science der Beijing-Universität. Während Berufsanfänger zunächst Angebote nach der höchsten Bezahlung auswählen, legen Berufswechsler oft Wert auf geringere Arbeitszeiten und weniger Überstunden.

Deshalb werden neuerdings Staatsunternehmen als Arbeitgeber attraktiver, da sie ihren Angestellten häufig gute Sozialpakete und - angesichts des schwierigen Immobilienmarktes - auch die begehrte Zuzugsgenehmigung (Hukou) sowie mitunter sogar Wohnraum bieten können.

Befanden sich 2013 erst drei Staatsunternehmen unter den von zhaopin.com erhobenen beliebtesten 15 Arbeitgebern, waren es 2014 fünf und 2015 sogar acht.

 

Zwei deutsche Firmen unter den fünfzehn beliebtesten Arbeitgebern

 

Dagegen nimmt die Attraktivität von Unternehmen mit ausländischem Hintergrund ab. Zählten die Befragten 2013 noch acht Unternehmen mit Auslandskapital (vier davon aus Deutschland) zu den attraktivsten Arbeitgebern, waren es 2014 nur noch sechs (drei davon aus Deutschland) und 2015 vier (zwei davon aus Deutschland).

Lokale Privatunternehmen erhielten nur noch drei Nennungen (vormals jeweils vier). Nicht mehr darunter ist der letztjährige Spitzenreiter Alibaba. Bestes Privatunternehmen ist neuerdings Baidu auf dem zweiten Platz.

Insgesamt arbeiteten 2014 etwa 29,6 Millionen Menschen für Unternehmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung. Das ist erstmals seit Erfassung 1985 ein - wenn auch geringer - Rückgang. Nachdem 2011 in den Städten erstmals mehr Menschen im Privatsektor als in Staatsunternehmen beschäftigt waren, vergrößerte sich die Differenz 2015 erneut.

Start-up-Unternehmen machen gute Erfahrungen damit, ihre "High Potentials" mit dem Unternehmen mitwachsen zu lassen - sowohl beim Gehalt als auch bei der insbesondere für finanzschwächere Firmen wichtigen Verantwortung. Auch die Unterstützung bei Fortbildungsmaßnahmen bindet Mitarbeiter. Noch nicht an Attraktivität verloren hat die Möglichkeit eines Auslandsaufenthalts.

Einen sehr großen Wert hat der persönliche Prestigegewinn durch eine Stelle. Es "gibt Gesicht", für einen renommierten Global Player zu arbeiten. Hierfür werden sogar Gehaltsabstriche in Kauf genommen. Umgekehrt sehen sich weniger bekannte ausländische Unternehmen mitunter gezwungen, dieses Manko mit höheren Gehältern zu kompensieren.

Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Bezeichnung der Stelle. Im Vergleich zu Deutschland wird in China mit Titeln wie "Manager", "Supervisor" oder "Senior" überaus großzügig umgegangen - was viele Unternehmen gerne zum Motivationsanreiz nutzen. Zum Beispiel kann eine Projektmanagerin zunächst als "Assistant Project Manager" eingestellt werden - auch wenn es gar keinen "Project Manager" gibt. In diese Position wird sie erst nach erfolgreicher Bewährungsphase befördert.

Ratsam bei Mitarbeitereinstellungen ist es, sich bei gleichwertiger Eignung für den Kandidaten mit dem geringsten Anfahrtsweg zu entscheiden. Chinesen nehmen oft Wege von ein bis anderthalb Stunden in Kauf. Dies geht allerdings nicht nur zu Lasten der Arbeitsproduktivität, sondern erhöht überdies die Bereitschaft zum Arbeitsplatzwechsel, falls sich eine näher gelegene Stelle bietet.


Quelle: Germany Trade and Invest GTAI, Länder.Märkte.Chancen. - Die GTAI Online-News, 22.03.2016