Praktische Tipps zum Kontaktaufbau in Japan

Geschäftsaufbau in Japan bleibt eine anspruchsvolle aber angenehme Herausforderung

Der japanische Geschäftspartner ist höflich und verbindlich. Seine Zuverlässigkeit wissen ausländische Unternehmer zu schätzen. Um allerdings das erforderliche gegenseitige Vertrauen erlangen zu können, bedarf es viel Geschick, ein wenig Glück und vor allem viel Geduld. Japan ist bekannt dafür, trotz Modernisierung und Globalisierung weitgehend an traditionellen Strukturen festzuhalten. Daher überqueren erfolgreiche Geschäftsleute weiter interkulturelle Brücken.

Mit wem es ausländische Geschäftsleute in Japan zu tun haben, hat sich auch in den letzten Jahren der Globalisierung kaum geändert. Trotz schrumpfender Bevölkerung ist Nippon weit davon entfernt, ein Einwanderland zu werden. In Einzelfällen ist zu beobachten, dass ausländisches Personal in die Führungsetagen integriert wird, um eine internationale Unternehmenskultur gedeihen zu lassen. Schließlich orientieren sich die großen Firmen vor dem Hintergrund des stagnierenden Inlandsmarkts seit Jahren Richtung Ausland.

Um dort noch stärker aufgestellt zu sein und besser an der internationalen Vernetzung partizipieren zu können, brauchen sie zwangsläufig mehr internationales Verhandlungs-Know-how. Diese Notwendigkeit ergibt sich auch aus dem - wenn auch "gemütlich" verlaufenden - Prozess des Aufweichens der vertikalen, starren Vertriebsstrukturen in der japanischen Industrie.

In der Realität verfügt der klassische beziehungsweise durchschnittliche japanische Mittelständler über eine bislang sehr begrenzte internationale Ausrichtung. Dies erstaunt deutsche Counterparts immer wieder. Schließlich gelten auch in dem exportorientierten Japan kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) als Rückgrat der Wirtschaft. Die japanische Exportfördergesellschaft JETRO hat diesen Missstand und auch das verschwendete Potenzial erkannt und bietet Unterstützungsprogramme an. Auch ausländische Firmen mit Japaninteresse sollten beginnen, diese Konstellation als - wenn auch ambitionierte - Kooperationschance zu erkennen.

Die Entscheidungsfindung über den Konsens der Allgemeinheit ist immer noch Kennzeichen Nummer eins der japanischen Firmenkultur. Die Gruppe ist wichtiger als das Individuum und so dauert die Entscheidungsfindung zwar länger als in westlicher Geschäftskultur üblich, dafür wird die gemeinsam getroffene Entscheidung dann aber auch von allen akzeptiert. Der Vorteil liegt in der Konsistenz; der Nachteil in gegebenenfalls mangelnder Flexibilität bei Misserfolg. Auf der Oberfläche finden somit weniger Machtkämpfe statt, die vorhandene Geschäftsbeziehungen infrage stellen könnten.

Intern erfolgt die Entscheidungsfindung abseits von reinem Profitkalkül oder Harmoniedenken bisweilen mit Hilfe des weiterhin ausgeprägten Senioritätsprinzips. Unterordnung wird vom Kindergarten an bis hin zur Universität geprägt. Aufgebrochen wird das Hierarchiesystem erst langsam. Selbst in kreativen Bereichen wie Design oder Entwicklung von Informationstechnologie (IT) bleiben deutliche Spuren davon vorhanden. Dort ist allerdings schon zunehmend ein "Top-down"-Entscheidungsprozess zu beobachten. Open Innovation sowie die neue Start-Up-Kultur funktionieren anders. Allerdings sind dies ausgelagerte Bereiche der Unternehmen, die auf den Entscheidungsprozess der großen Player keinen Einfluss nehmen.

 

Einflüsse auf Entscheidungen sind nicht immer offensichtlich

 

Einige Entscheidungen, privat aber auch in Unternehmen werden unter dem Schatten des "Giri"-Konzepts getroffen - eine Verpflichtung gegenüber Entscheidungsträgern, die gegenwärtig übergeordnet sind oder es früher waren, oder denen ein Gefallen geschuldet wird. Derartige Beziehungen sind für Ausländer bisweilen schwer zu erkennen und nachzuvollziehen. Allerdings sollte dieser Aspekt im Auge behalten werden, da er auch Angestellte ausländischer Unternehmen oder beispielsweise Handelsvertreter betrifft.

Trotz der "Gruppenentscheidung" innerhalb der Unternehmen, ist für ausländische Geschäftspartner die Herauskristallisierung der Entscheidungslenker und/oder des entscheidenden Verhandlungspartners von immenser Bedeutung. In Großunternehmen sind höhere Manager ("senior manager"), die unter anderem in Geschäftsführer ("jigyo bucho") oder Abteilungsleiter ("bucho") unterschieden werden, richtungsweisende Gesprächspartner. Dennoch ist der Einfluss der untergeordneten Ebenen im Auge zu behalten, die in der Regel bei dem Verhandlungsprozess zugegen sind und vor allem wichtige Vorarbeit leisten sowie in gewissem Ausmaß beeinflussen können.

Generell sitzen bei den Verhandlungen viele Beteiligte mit am Tisch, um eine Kompromisslösung zu gewährleisten. Klassisch begleitet wird ein formaler Entscheidungsprozess durch ein "Ringisho", einer Art Umlaufmappe mit Projekt- und Verhandlungsdetails, die von den Mitarbeitern gegengezeichnet wird. Informelle, in westlichen Augen umständliche Mitarbeitergespräche (das sogenannte "nemawashi") sorgen zusätzlich dafür, dass Einstimmigkeit erzielt wird.

Dieses Steuerinstrument vermittelt harmonischen Konsens und formelle Teambildung und ist somit ein wesentlicher Bestandteil für die Mitarbeiterführung. Allerdings verliert dieses Konzept, das in erster Linie in großen Unternehmen angewendet wurde, durch die fortschreitende Internationalisierung und Diversifizierung der betrieblichen Abläufe zunehmend an Bedeutung.

Eine sehr wichtige Unternehmensetikette in Japan ist es, tunlichst zu vermeiden, eine andere Person in Verlegenheit zu bringen - sofern es sich denn vermeiden lässt. Oft werden Kompromisslösungen eingegangen, auch um dem Gegenüber einen einfachen Ausstieg aus den Verhandlungen zu ermöglichen. Bei Zusammenkünften werden unterschiedliche Meinungen von Firmenkollegen nur selten nach außen getragen. Konflikte werden intern geklärt.

Was die Rolle von weiblichen Entscheidungsträgern angeht, so werden ausländische weibliche Führungskräfte mittlerweile von der männlich dominierten Geschäftswelt in Japan nicht nur wie früher schon mit Respekt behandelt, sondern mittlerweile auch akzeptiert. Diese Gleichstellung fällt leichter als auf japanischer Seite, wo eine stärkere weibliche Präsenz in den Führungsetagen zwar angestrebt, jedoch noch unzureichend realisiert ist.

In Zeiten sozialer Medien bleiben persönliche Kontakte auch - beziehungsweise gerade in Japan - das A und O zum Aufbau einer vertrauensvollen Geschäftsbeziehung. Somit kann auf zeit- und kostenintensive Besuche im Land der aufgehenden Sonne nicht verzichtet werden. Auch Einladungen nach Deutschland haben weiterhin einen sehr hohen Stellenwert, auch wenn diese nicht immer wahrgenommen werden. Immer noch haben überraschend wenig mittelständische Japaner eine Europareise unternommen; eine Demonstration der firmeneigenen Hightechpower verbunden mit einem kleinen Kulturprogramm erreicht eine Spitzenwertschätzung.

Im Bewusstseinsranking traditioneller Werte wie Höflichkeit, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Pünktlichkeit oder Fleiß scheinen sich Deutschland und Japan wenig nachzustehen. Während in Deutschland das Soziale stark in den Vordergrund gerückt wird, ist dieser Aspekt auch in den klassischen japanischen Betrieben integriert. Die Loyalität der japanischen Angestellten zu ihrer Firma ist weiterhin außerordentlich. Wenn auch ein wenig abgeschwächt sind die Verhaltensformen des "Gambaru" (Alles Geben!) beziehungsweise des "Miteinander Kämpfens" weiterhin angesagt - wie im Sport so auch in der Firma.

 

Hinweis

 

Der Text wurde gekürzt. Die Vollversion der Publikation "Verhandlungspraxis kompakt - Japan" steht Ihnen nach kurzer Registrierung auf der Internetseite von Germany Trade & Invest kostenlos zur Verfügung. Darin finden Sie Hinweise zu Regeln im geschäftlichen und privaten Umgang sowie Dos and Don'ts.


Quelle: Germany Trade & Invest GTAI, Länder.Märkte.Chancen. - Die GTAI Online-News, 07.12.2015