Einbindung lokaler Partner in Tansania eine Erfolgsbedingung

Die derzeit größte deutsch geführte Investition in Ostafrika ist der Bau eines Düngemittel-Großkomplexes im Süden Tansanias. Die Beteiligung lokaler Partner und ein detailliertes Ausbildungskonzept für lokale Arbeitskräfte sind wichtige Bestandteile, um sich gegen internationale Konkurrenz durchzusetzen.

Stefan Kratz, verantwortlicher Bereichsleiter beim Konsortialführer Ferrostaal Industrial Projects GmbH, erklärt, warum man sich gegen internationale Konkurrenz durchgesetzt und welche Bedeutung die Investition für den Standort Tansania hat.

blog:subsahara-afrika: Herr Kratz, wie kam es zu dem Engagement Ihres Unternehmens in Tansania?

Stefan Kratz: Tansania verfügt über enorme Erdgasvorkommen, in einer geschätzten Größenordnung von 100 Trillionen cbf (Kubikfuß). Damit ist das Land sehr attraktiv für die Produktion von Düngemitteln. Diese sind nicht nur für den Export, sondern auch für die lokale Bevölkerung von Nutzen, denn über 70 Prozent der Tansanier leben von der Landwirtschaft.

Die tansanische Staatsgesellschaft Tansania Petroleum Development Corporation (TPDC) hat 2013 einen Tender zur Projektentwicklung eines Düngemittelkomplexes in der Vereinigten Republik Tansania herausgegeben. Von insgesamt etwa 20 internationalen Mitbewerbern erhielt das von Ferrostaal Industrial Projects geführte Konsortium den Zuschlag.

blog:subsahara-afrika: Wie haben Sie sich gegen die internationale Konkurrenz durchgesetzt?

Kratz: Zu unserem Konsortium gehören neben Ferrostaal Industrial Projects Deutschland, die dänische Haldor Topsoe A/S sowie das führende pakistanische Industrieunternehmen Fauji Fertilizer Company Ltd.

Haldor Topsoe A/S ist Weltmarktführer für die Ammonia-Technologie und daher sehr attraktiv für die tansanischen Auftraggeber. Hinzu kommt, dass wir uns nicht nur als Offshore-Investoren beworben haben, sondern im Rahmen einer Kooperation mit einer lokalen Gruppe verschiedenster Investoren. Dazu gehören die führende nationale Düngemittelfirma Minjungu Mines & Fertiliser Ltd. und der National Social Security Fund (NSSF), der der größte Pensionsfonds des Landes zur Sicherung des nationalen Sozialversicherungssystems ist. Diese facettenreiche Partnerschaft hat die Tansanier überzeugt.

Durch die starke lokale Einbindung und unser Ausbildungskonzept für lokale Fachkräfte haben wir wohl am meisten gegenüber den internationalen Bewerbern gepunktet.

blog:subsahara-afrika: Erhalten Sie flankierende Unterstützung durch offizielle deutsche Institutionen?

Kratz: Wir konnten den deutschen Bundespräsidenten Gauck bei seinem Staatsbesuch im Februar 2015 in Tansania begleiten. Ich selbst bin zudem in der Delegation unseres Außenministers Steinmeier nach Tansania gereist. Die deutsche Botschaft in Dar es Salaam ist ebenfalls sehr engagiert und unterstützt uns bei unserem Engagement.

Nach unserer Erfahrung hat sich generell die politische Flankierung deutscher Wirtschaftsbeziehungen sehr positiv entwickelt. Heute wird von der politischen Seite aktiv angefragt, wie wir uns als Unternehmen zum Beispiel in afrikanischen Ländern stärker einbringen können. So erhalten wir Unterstützung von vielen Seiten, so auch vom Bundeswirtschaftsministerium.

blog:subsahara-afrika: Wie gestaltet sich die Finanzierung des Megavorhabens?

Kratz: Es handelt sich um eine traditionelle Projektfinanzierung, mit 30 Prozent Eigenkapital, das sich die beteiligten Investoren teilen, und 70 Prozent Fremdkapital in Form von exportkreditgedeckter Bankenfinanzierung. Wir stehen gegenwärtig in Verhandlungen mit mehreren Großbanken.

Was die Profitabilität der Investition angeht, so können wir aufgrund der Art der Anlage mit voller Produktion und entsprechender Gewinnerzielung bereits ab dem ersten Jahr nach Betriebsaufnahme rechnen.

blog:subsahara-afrika: Gibt es besondere Anforderungen der tansanischen Regierung an Sie als ausländischen Investor im Rahmen des Projekts?

Kratz: Bei dem Tender der TPDC handelte es sich um ein hoch professionell gestaltetes Ausschreibungsverfahren, das mit Hilfe internationaler Experten ausgearbeitet worden war. Entsprechend war der Katalog von Ausschreibungsbedingungen sehr umfangreich, detailliert und spezifisch.

Obligatorisch ist danach die Bildung einer lokalen Projektgesellschaft. Der Vertrag zur Errichtung eines Joint Venture zwischen dem Konsortium der Ferrostaal Industrial Projects GmbH und der TPDC ist nun offiziell unterzeichnet worden.

Ganz wichtige Bedingungen sind zudem die Beteiligung lokaler Partner, ein detailliertes Ausbildungskonzept für lokale Arbeitskräfte sowie die spätere sukzessive Überführung des Betriebs der Anlage auf lokale Fachkräfte.

In der gegenwärtigen Projektphase ist immer ein Team aller notwendigen Experten vor Ort. Im zukünftigen Dauerbetrieb der Anlage wird die Betreibermannschaft, sobald es möglich sein wird, mit lokalen Kräften ersetzt. Wir werden bereits in einem frühen Stadium des Projekts Ausbildungswerkstätten errichten.

Fauji Fertilizer Co. wird auch den Betrieb des Düngemittelkomplexes steuern, wobei wir von einem längerfristigen Rahmenvertrag zum Betrieb der Anlage ausgehen.

blog:subsahara-afrika: Welche wirtschaftliche Bedeutung wird das Großprojekt für Tansania haben?

Kratz: Nach dem vorgesehenen Zeitrahmen wird die Anlage 2020 in Betrieb genommen werden und rund 1,3 Millionen Tonnen Düngemittel pro Jahr produzieren. Dies bedeutet eine erhebliche Steigerung der tansanischen Erzeugung und damit eine wesentliche Stärkung der industriellen Basis des Landes sowie der Exportwirtschaft.

Durch den Bau des Großkomplexes im Süden Tansanias werden in der Region etwa 5.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze geschaffen.

blog:subsahara-afrika: Auf welche Weise können auch weitere deutsche Unternehmen an dem Projekt beteiligt werden?

Kratz: Die an dem Projekt beteiligten deutschen Unternehmen sind immer interessiert an der Beteiligung weiterer deutscher Firmen.

So sind deutsche Unternehmen und Dienstleister bereits auf vielfältige Weise in das Projekt eingebunden: Es werden deutsche Komponenten verwendet und verschiedene Dienstleistungspakete diskutiert. Generell ist ein solches unter deutscher Führung umgesetztes Großvorhaben geeignet, die Attraktivität eines Standortes wie Tansania zukünftig auch für weitere Unternehmen aus Deutschland zu steigern.

blog:subsahara-afrika: Können Sie aus Ihrer Erfahrung heraus Empfehlungen für andere deutsche Firmen geben, die sich um staatliche Großaufträge in Tansania oder Ostafrika bewerben wollen?

Kratz: Deutsche Unternehmen, die sich in der Region oder in Afrika generell engagieren wollen, müssen vor allem Geduld und Verständnis für die unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten mitbringen. Wichtig ist daher immer die Einbindung lokaler Partner, die sich mit den speziellen Verhältnissen vor Ort auskennen.

Um als ausländischer Investor oder Wirtschaftspartner Erfolg auf dem afrikanischen Kontinent zu haben, ist überall ein "langer Atem" erforderlich. In unserem Fall hat es seit der Veröffentlichung der Ausschreibung bis zur Einigung zur Gründung der lokalen Projektgesellschaft ziemlich genau zwei Jahre gedauert.


Quelle: blog:subsahara-afrika, subsahara-afrika-ihk.de, 09.11.2015