Eine Branche im Aufwind: Deutsche (Aus-)Bildung wird Exportschlager

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka ist eine zunehmend gern gesehene Gesprächspartnerin ausländischer Regierungen – wie unlängst in Lissabon, wo sie ihren portugiesischen Amtskollegen Nuno Crato besuchte. Die beiden unterzeichneten ein Abkommen, das eine verstärkte Zusammenarbeit in Sachen dualer Berufsausbildung vorsieht.

Das Interesse der Portugiesen an deutscher Bildung ist kein Einzelfall: Immer mehr Staaten weltweit bekunden Interesse am deutschen Modell. Und immer mehr deutsche Unternehmen aus der Bildungsbranche mischen beim Export von Know-how mit. Aktuelles Beispiel: die Eckert Schulen, Bayerns nach eigenen Angaben größter Weiterbildungsanbieter, kündigen an, künftig verstärkt weltweit wachsen zu wollen.

Die Finanzkrise hat international zu einer Beschäftigungskrise geführt, die vor allem junge Menschen trifft – auch in Portugal. Dort ist die Jugendarbeitslosigkeit zwar seit 2014 um 4,2 Prozentpunkte zurückgegangen. Sie liegt mit 31,2 Prozent aber immer noch deutlich über dem europäischen Durchschnitt (20,7 Prozent).

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Ende Mai in Berlin eine Studie veröffentlicht. Sie zeigt, dass gegenwärtig 39 Millionen junge Menschen zwischen 16 und 29 Jahren in den OECD-Staaten ohne Arbeit sind, fünf Millionen mehr als vor der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008.

Kein Geringerer als US-Präsident Barack Obama gab dem deutschen Bildungswesen einen Ritterschlag. In einer Rede vor dem Kongress und Millionen von Fernsehzuschauern vor zwei Jahren pries er die Ausrichtung der deutschen Schulen auf praktische Fertigkeiten. "Länder wie Deutschland bringen ihre Schüler so weit, dass sie bereit sind für das Berufsleben", sagte er – und forderte mit Blick auf die USA: "Lasst und sicherstellen, dass ein High School-Abschluss unsere Kinder auf den Weg zu einem guten Job bringt."

Obama kündigte eine Neuausrichtung der High Schools, die anders als die Schulen der deutschen Sekundarstufe I ihre Schüler bis zum 12. Schuljahr unterrichten, an. Sie sollen ihre Absolventen künftig besser auf die Herausforderungen einer technologisch hoch entwickelten Wirtschaft vorbereiten. Obamas Forderungen an die Lehrerschaft: Unterrichtsschwerpunkte in Naturwissenschaften, Technik und Mathematik setzen ("die Fertigkeiten, die Arbeitgeber heute und in der Zukunft benötigen") und Partnerschaften mit Unternehmen eingehen.

Seit Obamas Rede ist ein Run auf deutsches Know-how in Sachen (berufliche) Bildung festzustellen. Kein Wunder: Deutschland gilt mit einer Jugendarbeitslosigkeit von unter zehn Prozent als vorbildlich. In Berlin geben sich deshalb Bildungsminister aus Europa, Asien und Nahost die Klinke in die Hand. Die geringe Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland wird zu einem erheblichen Teil dessen weltweit anerkanntem Berufsbildungssystem zugeschrieben, heißt es beim Bundesbildungsministerium.

Das duale System entwickele sich mehr und mehr zu einem "Exportschlager", so der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung, Friedrich Esser. Die duale Berufsausbildung feiert in so unterschiedlichen Ländern wie Großbritannien, Schweden, Südafrika oder Malaysia ihr Comeback.

Sechs Länder der Europäischen Union (EU) wollen bei der Reform der Ausbildungssysteme mit Deutschland zusammenarbeiten. Auch Israel plant eine Reform der Berufsbildung, die bislang – wie international eben üblich – vor allem in der Schule stattfindet. In Indien genießt die Verbesserung und der Ausbau der Berufsbildung höchste politische Priorität: Die dortige Regierung hat sich das Ziel gesetzt, 500 Millionen Menschen bis 2020 beruflich auszubilden.

"Wichtiger Partner beim Export von Bildung sind die deutschen Unternehmen", betont Wanka. Tatsächlich zieht es immer mehr deutsche Vertreter der Bildungsbranche ins Ausland, um die Nachfrage nach "Bildung made in Germany" zu befriedigen. Aktuelles Beispiel: die Eckert Schulen.

In einer neuen Sparte, den Eckert Schools International, will das Unternehmen künftig die internationalen Aktivitäten bündeln, bestehende Pilotprojekte wie das Ausbildungsprogramm "Deutscher Industriemeister International" ausweiten und Angebote in weiteren Ländern etablieren.

"Die Stabilität und Robustheit des deutschen Arbeitsmarktes und der deutschen Wirtschaft führen dazu, dass immer mehr Länder sich für das Erfolgsmodell der dualen Ausbildung und der beruflichen Weiterbildung interessieren", sagt Alexander Eckert Freiherr von Waldenfels, der Vorstandsvorsitzende der Eckert Schulen. "Diesen Markt wollen wir erschließen und unsere Kernkompetenzen dabei einbringen", so Eckert.

Wichtige Wachstumsmärkte sind nach Angaben des Unternehmens der gesamte arabische und asiatische Raum, Schwellenländer wie Mexiko, aber auch die Türkei. Auch mit dem Land am Bosporus laufen derzeit bereits Gespräche, die die bisher bestehende punktuelle Zusammenarbeit im Bereich der beruflichen Bildung deutlich intensivieren sollen.

Großes Zukunftspotenzial sehen die Eckert Schulen auch im Reich der Mitte: Chinesische Ausbilder kommen im Rahmen eines "Train-the-Trainer"-Programms bereits seit mehreren Jahren nach Bayern, um dort unter anderem mehr über Qualitätsmanagement und die optimale Gestaltung von Lehrplänen an Berufsschulen zu lernen.

Quelle: News4teachers, news4teachers.de, 30.09.2015