China: Zukunftsorientierte Berufsschulausbildung

Die Berufsschulausbildung muss in China stärker gefördert werden, weil gut ausgebildete Arbeiter gesucht werden.

Am 4. Juli endete der "Nationale Wettbewerb der Berufsschüler 2015" in Tianjin. Die einmonatige Veranstaltung, an der zehntausende Menschen teilnahmen, fand an mehreren Orten im ganzen Land statt.

Als Staatspräsident Xi am 17. Juni seine Schule besucht hatte, um sich über die Entwicklung des Berufsausbildungssystems zu informieren, hatte Li mit CNC-Werkzeugmaschinen ein filigranes Schachbrett aus einer Aluminiumlegierung hergestellt, in das er die Worte "Chinesischer Traum" eingraviert hatte. Er hatte sogar die verschiedenen Figuren für das Spiel hergestellt.

Während des Besuchs sagte Xi, dass die Berufsschulausbildung ein wichtiger Teil des Ausbildungssystems des Landes sei, und appellierte an alle Verwaltungsebenen, sich für ihre konstante Verbesserung einzusetzen.

 

Wachsender Bedarf

 

China hat das größte Berufsschulausbildungssystem der Welt. Gegenwärtig gibt es mehr als 13.300 Berufsschulen im Land, mit mehr als 30 Millionen Schülern.

Dies besagt ein Bericht, der kürzlich vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses (NVK) veröffentlicht wurde, nachdem Abgeordnete des NVKs die Implementierung des Berufsschulgesetzes untersuchten. Das Gesetz ist seit 1996 in Kraft und soll dazu beitragen, die Entwicklung des Berufsschulsystems zu fördern und die Qualität der Arbeitskräfte zu verbessern.

Über 95 Prozent der Absolventen mittlerer berufsbildender Schulen und mehr als 90 Prozent der Absolventen der höheren Schulen fanden innerhalb eines halben Jahres nach ihrem Abschluss eine Stelle, besagt der Bericht weiter.

Gegenwärtig ist China entschlossen, seine Fertigung durch die Integration neuer Technologien, wie Big Data Anwendungen, Cloud Computing, dem Internet der Dinge und 3D-Drucken zu verbessern.

Laut Bericht schließen jedes Jahr mehr als 10 Millionen Absolventen ihre Berufsschulausbildung ab und über die Jahre wurden so mehr als 200 Millionen Menschen ausgebildet.

Er zeigt, dass zwischen 1996 und 2014 die Zahl der Schüler an den mittleren berufsbildenden Schulen von 12,68 Millionen auf 18,03 Millionen stieg, während die Zahl in den höheren berufsbildenden Schulen von 1,23 Millionen auf 10,07 Millionen stieg.

Der Staatsrat, Chinas Regierung, veröffentlichte im Mai einen nationalen Plan, den "Made in China 2025", der China im kommenden Jahrzehnt von einem Produktionsriesen in eine Fertigungsweltmacht transformieren soll.

Laut diesen Plänen wird zehn Schlüsselsektoren Priorität eingeräumt. Dies sind: Neue Informationstechnologie, CNC-Maschinen und Robotik, Luft- und Raumfahrtausrüstung, Meeres- und Schifffahrtstechnik, Eisenbahnausrüstung, energieeffiziente Fahrzeuge und neue Kraftstoffe, neue Werkstoffe, Medizinprodukte und landwirtschaftliche Maschinen.

Um diese Transformation umzusetzen, braucht China dringend eine große Zahl gut ausgebildeter Arbeiter und Arbeitskräfte von hoher Qualität, sagte Lü Wei, ein Mitglied des Ständigen Ausschusses des NVK.

Zhang Xinghui, der Rektor des Tianjin Sino-German Vocational Technical College, sagte, dass in der Vergangenheit mit einfachen Trainings Bauern zu technischen Arbeitern werden konnten, wohingegen heute für die intelligente und digitalisierte Fertigung gut ausgebildete und kompetente Arbeitskräfte gebraucht werden.

Li Dengping, der Vizemanager von Akita Gear Co. Ltd aus Chongqing, sagte, dass sein Unternehmen einige CNC-Maschinen und eine hochmoderne Schneidemaschine importiert hatte, um mehr High-End-Produkte produzieren zu können. Doch die Arbeiter des Unternehmens waren nicht ausreichend ausgebildet, diese Maschinen zu bedienen, weshalb die Produktqualität schlussendlich nicht zufriedenstellend war.

Bei einer Jobmesse im Shanghaier Bezirk Baoshan im März dieses Jahres boten 20 Arbeitgeber 340 Stellen an, aber für die meisten der hochqualifizierten Arbeitsstellen gingen nur sehr wenige Bewerbungen ein, berichtet das Nachrichtenportal eastday.com aus Shanghai.

"Ohne qualifizierte Arbeiter werden die Werkzeugmaschinen brachliegen und die Firma wird Verluste machen", sagt Teng Kewu, ein leitender Angestellter der Shanghai Shenling Enterprise Group. Das Unternehmen ist einer der führenden Produzenten von Reinigungsmaschinen und Druckluftkompressoren. Teng sagt, dass 80 Prozent der Arbeiter in seiner Firma gut qualifiziert sind.

 

Bereit sein

 

Bei seinem Treffen mit beinah 200 Berufsschulrektoren beim "Nationalen Wettbewerb der Berufsschüler 2015", fragte die Vize-Unterrichtsministerin Lu Xin: "Ist das Berufsschulsystem bereit für das "Made in China 2025"-Programm?"

Die Absolventen der Berufsschulen haben solide Grundfertigkeiten, sagt Zhang Wenming, ein Schiedsrichter des Wettbewerbes.

Nichtsdestotrotz sind sie noch immer nicht einfallsreich und kreativ genug, um mit dem Trend der digitalisierten und intelligenten Fertigung gehen zu können, erklärte er gegenüber China Youth Daily.

Zhang Lunjie, ein Professor an der Guangdong Polytechnic Normal University, sagte, dass sie bei einer Studie über CNC-Programme in chinesischen Berufsschulen herausfanden, dass die Curricula und die Lehrmittel der Schulen veraltet seien.

"Nüchtern betrachtet sind wir uns darüber im Klaren, dass die Berufsschulausbildung immer noch ein schwaches Glied in unserem Bildungswesen ist und seine Entwicklung daher noch nicht mit der allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung mithalten kann und dass das Berufsschulausbildungssystem die öffentlichen Erwartungen noch nicht erfüllen kann", erklärte der Vizeministerpräsidentin Liu Yandong vor kurzem.

Liu forderte, dass eine Reihe von Reformmaßnahmen durchgeführt werden sollen, um die Qualität der Berufsausbildung zu verbessern.

Die Regierung hat der Berufsschulausbildung in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

Bei einer staatlichen Konferenz für Berufsschulausbildung im Juni 2014 sagte Staatspräsident Xi, dass die Berufsschulausbildung wertgeschätzt werden müsse, da sie ein wichtiger Weg für junge Menschen sei, erfolgreich zu werden. So könnten Arbeitsplätze und Unternehmertum, genauso wie technische Fähigkeiten, gefördert werden.

Im letzten Jahr hat das Unterrichtsministerium zusammen mit fünf weiteren zentralen Regierungsbehörden einen Plan für den Aufbau eines modernen Berufsschulsystems veröffentlich, mit dem man die Zahl der Schüler der Berufsschulen bis 2020 auf 38,3 Millionen erhöhen will.

Der Plan beinhaltet auch eine Übersicht über die Basisstruktur des chinesischen Unterrichtssystems. Laut diesem können Absolventen mittlerer Berufsschulen höhere Berufsschulen oder Fachhochschulen besuchen.

Die Vizeministerpräsidentin kündigte im März 2014 auch an, mehr als 600 reguläre akademisch-orientierte Universitäten - das sind etwa die Hälfte aller Universitäten des Landes - in anwendungsorientierte umzubauen.

Diese Entscheidung wurde gefällt, da einerseits Universitätsabsolventen Schwierigkeiten haben, passende Jobs zu finden, während andererseits Arbeitgeber nach technischen Arbeitern suchen. Das chinesische Bildungssystem sollte sich daher dem Markt anpassen, erklärte Liu.

Die verschiedenen Verwaltungsebenen haben ihre Finanzierung für Berufsschulausbildung erhöht. Ein modernes Azubi-System wurde versuchsweise gestartet, um die Kooperation zwischen Berufsschulen und Unternehmen bei der Ausbildung qualifizierter Arbeiter für den Marktbedarf zu fördern.

In der Zwischenzeit haben einige Provinzen wie Jilin, Anhui und Hubei mit einer Reihe von Fördermaßnahmen für die Lehrer der Berufsschulen begonnen: unter anderem werden Professuren an die besten Lehrer ihres Fachbereichs vergeben.

 

Vorurteile überwinden

 

Universitätsabschlüsse in China bringen viel Prestige mit sich, während auf die Absolventen der Berufsschulen oft hinab gesehen wird, da man ihnen schlechte Noten in der Schule zuschreibt. Für gewöhnlich beginnen in China auch jene mit einer Berufsschulausbildung, die es nicht geschafft haben, für Mittelschulen oder Universitäten zugelassen zu werden.

Dieses Vorurteil führt dazu, dass Eltern und Lehrer den Schülern mit guten Noten vom Besuch einer Berufsschule abraten.

Zhang Lunjie sagt, um qualifizierte Arbeiter zu unterstützen und die chinesische Fertigungsindustrie zu modernisieren, sei es notwendig von der traditionellen Wertschätzung der Universitätsabschlüsse abzugehen.

Yuan Guiren vom Unterrichtsministerium sagt, dass man Berufsschüler nicht vom Weg zur Universität ausschließen sollte, obwohl die Berufsausbildung natürlich beschäftigungsorientiert bleiben müsse.

Laut Yin Weimin, dem Minister für Personalverwaltung und soziale Absicherung, sollen Anstrengungen unternommen werden, um die Vorteile der technischen Arbeit zu verfechten und den technischen Arbeitern ähnliche Karrieremöglichkeiten wie Ingenieuren zu geben.


Quelle: China Internet Information Center (CIIC), german.china.org.cn, 07.08.2015