Indien: Das duale System als Vorbild für den Subkontinent

Mit deutscher Hilfe will Indien die berufliche Ausbildung verbessern

Nach dem Schulabschluss gibt es kaum Möglichkeiten, sich weiterzubilden, wenn das Geld für eine Universität fehlt. Viele junge Leute schaffen daher den Sprung in höher qualifizierte Jobs nicht und bleiben im informellen Sektor stecken, der derzeit rund 90 Prozent der indischen Wirtschaft ausmacht.

Die Regierung von Premierminister Narendra Modi hat daher angekündigt, die bisherige Ausbildungspolitik zu überarbeiten, denn seine "Make in India"-Kampagne kann nur erfolgreich sein, wenn Investoren genügend qualifiziertes Personal finden. Seine Regierung ist daher mit zahlreichen Partnern im Gespräch, darunter auch die deutsche Bundesregierung, um bestehende Ausbildungsprogramme zu verbessern und neue aufzulegen.

Gerade erst war eine Erkundungsmission der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Neu-Delhi, deren Erkenntnisse derzeit in ein neues Programm gegossen werden, das zur Jahresmitte stehen soll. Beide Länder können auf eine lange und erfolgreiche Zusammenarbeit im Bildungssektor zurück blicken.

Bis 2007 war Ausbildung Teil der Entwicklungszusammenarbeit, seit 2008 ist eine bilaterale Arbeitsgruppe zuständig, an der unter anderem das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das indische Ministerium für Arbeit und Beschäftigung und die Handelskammern beteiligt sind.

In den vergangenen Jahren half die GIZ vor allem dabei, Berufsschulen in verschiedenen indischen Bundesstaaten aufzubauen. In Karnataka etwa absolvieren jedes Jahr rund 5.000 junge Leute in verschiedenen "Multi Skill Development"-Zentren halbjährige Intensivkurse, unter anderem in Schweiß- und Frästechnik, Computertechnik, Mechatronik und Umweltingenieurwesen. In Modis Heimatstaat Gujarat helfen die von der GIZ unterstützten Ausbildungszentren dabei, Jugendliche aus der benachteiligten Stammesbevölkerung fit für den formellen Arbeitsmarkt zu machen.

Als nächster Schritt soll nun die Wirtschaft stärker in das Programm einbezogen werden. Stichwort Duales Ausbildungssystem. "Es kann nicht darum gehen, das deutsche System eins zu eins in Indien zu kopieren", sagt der deutsche Botschafter in Neu-Delhi, Michael Steiner. "Aber wenn man die Prinzipien und Erfahrungen des Dualen Systems umsetzt, kann dies wirklich ein neues Kapitel aufschlagen".

Während deutsche Unternehmen wie Siemens, VW und Bosch in Indien bereits erfolgreich eigene Ausbildungsprogramme betreiben und zum Teil Patenschaften für Ausbildungszentren der GIZ übernommen haben, bräuchte die Einführung weiterer Elemente des dualen Systems auch Änderungen auf der Gesetzesebene und Anreize für indische Firmen, sich verbindlich zu beteiligen.

"Deutschland ist bereit, mit Indien in dieser Aufgabe zusammen zu arbeiten - wenn Indien will", sagt Botschafter Steiner.

Quelle: DIE WELT, welt.de, 13.04.2015