Gründung einer Berufsbildungsakademie in Ruanda

Die Deutschen Sparkassenstiftung für Internationale Zusammenarbeit baut gemeinsam mit dem ruandischen Handelsministerium, dem Verband ruandischer Mikrofinanzinstitute und weiteren Partnern aus dem öffentlichen und privaten Sektor die erste kaufmännische Berufsbildungseinrichtung in Ruanda auf. Zielgruppen sind dabei Mikrofinanzinstitute, Unternehmer und Genossenschaften.

Im Rahmen des Projektes 'Gründung einer Berufsbildungsakademie' in Ruanda besuchten Anfang Oktober sechs Ruander aus verschiedenen Organisationen die Berufsbildenden Schulen Syke (BbS) und deren Netzwerk. Dazu gehören unter anderem das Studienseminar für berufsbildende Schulen in Hannover, das Fortbildungszentrum der Handwerkskammer Hannover, Eggers Fahrzeugbau GmbH, die Industrie- und Handelskammer in Syke, die Ifap, die Bundesagentur für Arbeit und natürlich die BbS selbst.

Bereits vor anderthalb Jahren bekamen Schule und Netzwerk Besuch einer Delegation aus Ruanda; damals lag der Schwerpunkt eher allgemein auf dem System der beruflichen Bildung in Deutschland.

Derzeit findet in Ruanda berufliche Ausbildung nur für wenige, zumeist technisch-handwerkliche Berufe statt. Es handelt sich um eine rein schulische Ausbildung - das Konzept der dualen Ausbildung gibt es in Ruanda nicht, ebenso wenig wie eine kaufmännische Ausbildung überhaupt.

 

System ins Angebot bringen

 

Vor diesem Hintergrund baut die Deutschen Sparkassenstiftung für Internationale Zusammenarbeit gemeinsam mit dem ruandischen Handelsministerium, dem Verband ruandischer Mikrofinanzinstitute und weiteren Partnern aus dem öffentlichen und privaten Sektor dort die erste kaufmännische Berufsbildungseinrichtung auf. Zielgruppen sind dabei Mikrofinanzinstitute, Unternehmer und Genossenschaften.

Berufliche Fortbildung findet unsystematisch statt und richtet sich oft eher nach dem Angebot als nach der Nachfrage. Wenn internationale Organisationen eine bestimmte Fortbildung kostenfrei anbieten, werden sie oft vorrangig aus finanziellen Gründen wie kostenlose Verpflegung und Unterkunft, Zahlung der Transportkosten oder eines Tagegelds an die Teilnehmer angenommen. Eine bedarfsorientierte Fortbildung findet jedoch oft nicht statt.

Systematische Fortbildungen wie Meisterschulen, Sparkassenakademien und dergleichen gibt es in Ruanda nicht. Universitäre Bildungsangebote im kaufmännischen Bereich sind auf eine Zielgruppe mit hohem Bildungsniveau ausgerichtet. Zudem sind die Studiengänge für einen Großteil der Ruander nicht zu finanzieren.

 

Schritt für Schritt vorgehen

 

Die Berufsakademie, die Sparkasse und ruandische Partner nun aufbauen, wird "Rwanda Institute of Cooperatives, Entrepreneurship and Microfinance" (RICEM) heißen.

Träger ist zunächst das ruandische Handelsministerium, später soll eine Überführungen an den privaten Sektor oder der Betrieb als PPP (public-privat prtnership) erfolgen. Im ersten Schritt sollen mehrtägige bis mehrwöchige kaufmännische Fachseminare für die Angestellten, Manager beziehungsweise Eigentümer dieser Unternehmen angeboten werden.

In einem späteren Schritt soll sich diese kaufmännische Bildungseinrichtung mit handwerklichen/technischen Berufsschulen vernetzen, um eine fundierte Vorbereitung auf die berufliche Selbstständigkeit zu ermöglichen. Ferner soll – sofern entsprechende Bildungspartnerschaften erfolgreich aufgebaut werden können – die duale Ausbildung in kaufmännischen Berufen eingeführt werden.

Derzeit werden von ruandischen Experten unter Moderation der Sparkassenstiftung Curricula, Unterrichtsmaterialien und Leitfäden für die Fachseminare entwickelt. Grundlage ist eine Bildungsbedarfsanalyse mit Vertretern der Bildungszielgruppen.

Im Rahmen der Projektarbeit werden ausgewählte Projektpartner regelmäßig zu Studienreisen nach Deutschland eingeladen. Diese Reisen sollen dem besseren Verständnis der deutschen Finanz- und Berufsbildungslandschaft dienen, neue Ideen bei den Projektpartnern generieren und dazu anregen, "good practices" zu übernehmen.

Während 2013 die Studienreise für Entscheidungsträger aus dem öffentlichen und privaten Sektor unter dem Motto stand: "Berufsbildung und berufliche Fortbildung in Deutschland: Beteiligte, Organisation, Finanzierung", sollte es in diesem Jahr stärker um praktische und inhaltliche Aspekte der beruflichen Aus- und Fortbildung gehen, beziehungsweise ausschließlich die kaufmännische Aus- und Fortbildung fokussiert werden.

Beim ersten Besuch wurden unter anderem die Kreissparkasse Syke und die Wirtschaftsförderung der Gemeinde Stuhr besucht. Auch bei den Berufsbildende Schulen Syke, der Agentur für Arbeit und der Raiffeisen-Warengenossenschaft Twistringen schaute man sich um. In Hannover ging es zur Handwerkskammer (HWK) und zur Sparkassenakademie.

Dieses Jahr soll die Studienreise einen Besuch der Industrie- und Handelskammer – mit Erläuterung der Rollen, Einblick in Ausbildungsrahmenpläne sowie Einblick in die Prüfungen anhand eines oder zweier ganz konkreter Beispiele –, einen Besuch der BbS und einen Besuch eines oder zweier kaufmännischer Ausbildungsunternehmen beinhalten.

 

Bild der Ausbildung bekommen

 

Nach Abschluss der Studienreise sollen die Teilnehmer ein klares Bild davon haben, wie die kaufmännische Aus- und Fortbildung in Deutschland funktioniert – von der Bildungsbedarfsanalyse über die Etablierung von Bildungspartnerschaften, die Ausbildung der Lehrenden und Ausbildenden, bis hin zur konkreten Durchführung der Bildungsmaßnahmen am Arbeitsplatz, in der Berufsschule oder in der Berufsakademie.

Die Teilnehmer sollen den Unterschied zwischen rein kaufmännischer Ausbildung und der Kombination von handwerklicher, technischer oder ähnlicher Ausbildung mit kaufmännischer Fortbildung verstehen. Sie sollen einen Einblick in ausgewählte Ausbildungsrahmenpläne und deren konkrete Umsetzung in die berufsschulische und betriebliche Praxis bekommen haben. Dadurch sollen sie eine klare Vorstellung davon entwickelt haben, wie die duale Ausbildung in der Praxis funktioniert. Die Teilnehmer sollen ferner die Entstehung, die Inhalte und die Durchführung von kaufmännischen Fortbildungen kennen und – in Abgrenzung von der Ausbildung beziehungsweise als Ergänzung zu technisch-handwerklichen Ausbildungen – verstehen.

 

Internationale Aktivitäten der Sparkassenstiftung

 

Die Sparkassenstiftung für internationale Kooperation ist eine nicht gewinnorientierte Organisation, die 1992 von der Sparkassenfinanzgruppe gegründet wurde.

Ziel ist es, Finanzinstitutionen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu unterstützen, die ihrerseits die wirtschaftliche und soziale Entwicklung nachhaltig durch bedarfsgerechtes Bankgeschäft fördern.

Die 200-jährige Geschichte der Sparkassen in Deutschland zeigt, dass Mikrofinanzierung nachhaltig nur bei effizienter Organisation und Professionalität möglich ist – diese zentralen Erfolgsfaktoren gibt sie in ihren Projekten an ihre Partner weiter.

Derzeit arbeiten weltweit rund 150 Mitarbeiter in etwa 30 Projekten, verteilt auf 24 Länder, vor allem in Afrika, Asien sowie Mittel- und Südamerika.

In Ruandas Hauptstadt Kigali unterhält die Sparkassenstiftung ein Büro mit zwei deutschen Langzeitexperten und sechs ruandischen Projektmitarbeitern. Ziel der dortigen Projekte sind unter anderem die Unterstützung der Professionalisierung des Mikrofinanzsektors, die Sparmobilisierung und Förderung finanzieller Bildung sowie die Gründung einer kaufmännischen Berufsbildungseinrichtung für Mikrofinanzinstitute, von Kleinstunternehmen sowie kleiner und mittlerer Unternehmen und Genossenschaften sowie deren späterer Ausbau zu einem Ressourcencenter für Ostafrika.


Quelle: Weser Kurier, weser-kurier.de, 19.10.12014