"Fabrik der Welt": China hat nicht genug gut ausgebildete Arbeiter

Laut Long Guoqiang, Mitglied einer Denkfabrik der Regierung, gibt es bei den Fähigkeiten der chinesischen Arbeiterschaft große Lücken. Dieser Mangel an gut ausgebildeten Arbeitern könnte die Restrukturierung und Aufwertung der chinesischen Wirtschaft gefährden.

Es sei strategisch sehr wichtig für China, die festgestellten Lücken bei den Fähigkeiten seiner Arbeiter möglichst schnell zu schließen, sofern man die Rolle als "Fabrik der Welt" hinter sich lassen und auf der globalen Wertschöpfungskette weiter nach oben klettern wolle, sagte Long, Generaldirektor der Zentrale des Entwicklungsforschungszentrums des chinesischen Staatsrats.

Longs Kommentare kommen zu einer Zeit, in der sich viele fragen, ob China seine komparativen Vorteile – zum Beispiel die niedrigen Lohnkosten –, die das Land auf Platz zwei der größten Volkswirtschaften der Welt geführt und China zur größten Handelsnation gemacht haben, aufgibt. Denn eines wird immer offensichtlicher: diese Vorteile verblassen zusehends.

Long demonstrierte dies anhand einer internationalen Studie, die zeigt, dass die Löhne in Thailand vor 20 Jahren etwa 2,3 Mal so hoch waren, als die von China. Heute hat sich diese Situation fast umgekehrt: jetzt kriegen die thailändischen Arbeiter nur noch etwa 70 Prozent des Lohns, den ihre chinesischen Kollegen bekommen.

Für die Arbeiter war diese Entwicklung natürlich gut. Doch inzwischen leidet die internationale Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Hersteller immer mehr unter den steigenden Löhnen in China. Viele Unternehmen haben sich daher schon mit ihren Fabriken aus China verabschiedet und gehen dahin, wo die Lohnkosten niedriger sind. Oder sie blieben in China, produzieren jetzt aber nurmehr wenig arbeitsintensive Produkte.

Chinas Problem, so Long, sei die sich vertiefende Globalisierung. Es werde zum Beispiel immer schwieriger für die Unternehmen, sich von Produzenten arbeitsintensiver Produkte mit geringer Wertschöpfung – wie beispielsweise Textilien oder Spielzeug – zu Herstellern kapital- und Know-how-intensiver Produkte mit hoher Wertschöpfung weiterzuentwickeln. So, wie es beispielsweise japanischen Unternehmen vor etwa 40 Jahren noch gelungen sei, meinte Long.

Viele Wertschöpfungsketten in den unterschiedlichsten Branchen seien multinationale Gebilde und Kooperationsprozesse, so Long weiter. "Eine Firma sollte sich darauf konzentrieren, innerhalb einer spezifischen internationalen Wertschöpfungskette möglichst weit aufzusteigen, also beispielsweise von der Produktion – die meistens den geringsten Anteil bei der Wertschöpfung ausmacht – hin zu Forschung und Entwicklung, Verkauf, Marketing und Markenpolitik", sagte Long. "Und um dieses Vorhaben zu unterstützen, braucht China gut ausgebildete Arbeitskräfte."

Doch die Realität sieht düster aus. Laut einer landesweiten Umfrage des Nationalen Statistikbüros haben von den insgesamt 269 Millionen chinesischen Wanderarbeitern nur 32,7 Prozent eine Ausbildung erhalten.

Eine andere, von der Unternehmensberatung Deloitte durchgeführte, landesweite Studie zeigte unterdessen, dass China in den Augen internationaler Spitzenmanager in puncto Wettbewerbsfähigkeit in der Produktion zwar Weltspitze ist – bezüglich der Produktivität hinkt das Land aber mit 14,2 Punkten weit hinter Ländern wie den USA (68,2) und Deutschland (43,3) hinterher.

Die Nachfrage nach ungelernten Arbeitern übertreffe das Angebot aber trotzdem noch deutlich, sagte Long. Dies sei auch der Grund dafür, warum die Arbeiter so häufig ihren Job wechselten, dass ihnen selten Zeit dafür bliebe, ihre Fähigkeiten zu verbessern und die Trainingsangebote der Arbeitgeber zu nutzen, erklärte Long.

Das chinesische Bildungsministerium plane daher, knapp die Hälfte – also etwa 600 – seiner höheren Bildungseinrichtungen in Berufsfachschulen umzuwandeln.

Quelle: German.China.org.cn, China Internet Information Center (CIIC), 17.05.2014